Ich bin in einem kleinen Dorf auf einem Bauernhof aufgewachsen. Ein eigenes, kleines Universum so ein Hof: mit Eltern, Grosseltern, Geschwistern, Verwandten, Nachbarn, Angestellten, Tieren, Wetter und Jahreszeiten. Und immer diese unmittelbare Nähe zu den Felder und der Bodenbeschaffenheit – sei es auf den Äckern meines Vaters oder im Garten meiner Mutter. Alles gehörte zusammen und war voneinander abhängig.

Die ersten Erfahrungen ausserhalb der Familie von gelungenem, gemeinsamen kreativen Tun und Lernen habe ich in den ersten Schuljahren in einer kleinen, unaufgeregt geführten Gesamtschule gemacht. Da war lernen einfach ein Spiel, ja ein Fest! Der Übertritt als 11-jährige in die höheren Schulen war ein Schock – in meinem Jahrgang auf dem Land zählten wir mit sechs Schüler- und Schülerinnen als «grosse Klasse» …in der neuen Schule in Stadtnähe waren wir siebzig? Am ersten Tag wurden wir in der riesigen, grauen Aula empfangen und in drei Klassenzüge verteilt. Das hatte ich mir so nicht vorstellen können und war der Anfang vom Ende mit meiner Lernfreude. Für viele Jahre. Ich hatte einen langen Schulweg, den ich grossteils alleine ging – zum Glück, kann man heute sagen. Da lernte ich eigene Überlebensstrategien und mit ihnen buchstäblich meinen eigenen Weg gehen, erste wichtige Übungen zu «action confidence» könnte man vielleicht heute sagen. Damit meine ich den Mut und die Fähigkeit, etwas Neues und Eigenes ins Leben zu bringen, oder, in den Worten des verstorbenen Kognitionswissenschaftlers Francisco Varela, «to lay down a path in walking» und so Wirklichkeit erzeugen.

Diese frühen Erfahrungen haben meine Rolle als Beraterin und Lehrperson geprägt, insbesondere mein Sinn für stimmige Settings, der Blick an die Ränder und auf’s Ganze sowie meine Werte: Begegnung auf Augenhöhe, Verbindlichkeit, Transparenz und Partizipation.

Meine Arbeitsschwerpunkte und -interessen heute sind: Organisationen in Transformationsprozessen zu begleiten, Führungscoaching und Digitalisierung und zwar in einem Umfeld, wo wir uns als Gesellschaft neu organisieren: von geschlossenen, top-down steuer- und regulierbaren Systemen mit klaren Rollen und Funktionen hin zu offenen, selbst-organisierenden, heterogenen Netzwerken.

Noch immer geniesse ich es, auf ausgedehnten Spaziergängen Kühen und Kälbern zuzuschauen, oft sind sie ruhig und besonnen, in seltenen Glücksmomenten sind sie «fool around», einfach grossartig! Das trifft auch für das Arbeiten zu: wo nicht mehr gelacht und gefeiert wird, gehen Flexibilität und Reaktionsfähigkeit verloren. Wir brauchen Freiräume, Spielräume – gerade, wenn der Wind weht.